Den größten Teil der Nacht hatte ich damit verbracht, wichtige Informationen über Wetter und Einklarieren, die alle auf meinem Handy gespeichert waren, nochmal einzuholen. Es war klar, daß noch ein größerer Berg an Dingen, die ich nun nicht mehr hatte und neu würde besorgen müssen, auf mich zukommen würde, aber darüber hatte ich jetzt keine Lust nachzudenken. I ch war bereit zur Abfahrt. Andi und Kudi und ich wollten zusammen starten. Da ihr Boot schneller ist, würde ich dann irgendwann zurückfallen. Um 10 Uhr morgens sollte die Tide kippen und ich war früh morgens noch einmal in der Stadt gewesen, um zu sehen, ob mein Telefon aufgetaucht war oder ich vielleicht günstig einen Ersatz besorgen könnte. Leider kein Glück.
Wir fuhren flußabwärts mit dem Strom, aber bevor wir die Mündung verlassen konnten, hatte der schon wieder gedreht. Nach ca. sechs Stunden kamen die Segel hoch und Kudi filmte und machte ein paar Bilder von Amy.
Danach segelten wir in die Nacht mit dem Guyana Strom und gutem Wind. Wir hatten 550 Seemeilen (knapp über 1000 km) vor uns und kamen gut voran.

Der nächste Tag war voller Squalls. Leider War der Guyana Strom nun verschwunden (oder wir waren aus Versehen aus ihm rausgesegelt). Er kam auch nie wieder. Ich fuhr immer auf der Rhumb Line (der direkte Kurs) nach Tobago und vielleicht war der Strom ja mehr ein Richtung Küste gewandert.
Erschwerend kam hinzu, daß der Wind nun schräg von vorn kam. Etwas, was seit Galizien nicht mehr passiert war. Zum Glück war der Wind nicht sehr stark (außer in den Squalls) und die Wellen waren klein. Insofern gab es eigentlich nichts zu meckern, außer daß meine Welt dauerhaft um 30 Grad auf der Seite stand. Wir kamen an einigen beeindruckenden und auch unheimlichen Ölplattformen vorbei und bald war die Uhuru (Andis und Kudis Schiff) außer Sicht.
Durch die Ölplattformen und ein paar Schiffen, die vorbeifuhren, war ich jetzt sicher, daß mein AIS nicht mehr funktionierte. Darum würde ich mich bald kümmern müssen. Außerdem gab es ein neues Leck, daß ich erst jetzt feststellte, da so viel Wasser über’s Deck kam.
Silvester gab es tagsüber wieder viele Squalls und Wind aus Nord. In Cape Canaveral, Florida war ein Raketenstart für 0 Uhr geplant und ich hoffte, die Rastet sehen zu können, wenn sie Richtung Equator fliegt. Außerdem dachte ich an eine kleine Neujahrsfeier (ohne Alkohol natürlich). Die Nacht war klar, keine Squalls, gute Sicht und wer weiß, vielleicht würde ich ja sogar Feuerwerk vom Land sehen können…. Eine meiner 20min Schlafetappen ist dann leider wieder ein bißchen aus den Fugen geraten und ich wachte um 0230 auf. OK, also kein Raketenstart und kein Frohes Neujahr Anstoßen mit Zitronenwasser. Nicht so schlimm. Ich stellte aber jetzt fest, daß wir sogar ohne die Unterstützung der Strömung so schnell waren, daß wir Man O’ War Bay in Tobago schon am Dienstag Abend vor Einbruch der Dunkelheit erreichen konnten. Den Rest der Fahrt gab ich alles daran, das Boot möglichst perfekt zu trimmen, um jeden Zehntelknoten Fahrt herauszuholen, damit wir nicht im Dunkeln ankämen und dann wieder 12 Stunden draußen warten müssen würden.












Ich erinnerte mich daran gelesen zu haben, daß Trinidad und Tobago relativ streng mit Ihren Territorialgewässern waren. Nachdem ich die Tobago und die gelbe Q Flagge gehißt hatte, rief ich 12 Meilen entfernt die Küstenwache über Funk an. Keine Antwort. Naja, ich hatte es wenigstens versucht. Ein paar Delphine kamen vorbei und begleiteten uns eine Weile.



Kurz vor der Ankunft kamen mal wieder Squalls und die Sicht wurde sehr schlecht. Zum Glück klarte es kurz danach auf und die Einfahrt in die Bucht war wie “Fluch der Karibik” gucken. Die Landschaft war wieder ganz anders und sehr schön. Ich wurde begleitet von Fregattvögeln und Pelikanen. Ich kam um 1720 an. Um 1800 wird es dunkel.


Andi und Kudi waren schon da und nahmen mich auf ein Bier mit an Land. Das war natürlich illegal, da ich noch nicht einklariert hatte. Es war mir aber in dem Moment egal.
Fast den ganzen nächsten Tag verbrachte ich mit der Immigrationsprozedur. Die Frau von der Schiffsarztbehörde war zuerst nicht da und ohne ihr Zertifikat konnte ich weder Immigration, noch Zoll abhaken. Das war bis jetzt die aufwendigste (und teuerste) Einklarieraktion auf der ganzen Reise, aber immerhin waren alle freundlich.
Am frühen Abend mit einem tollen neuen Stempel (mit Schildkröte!!) in meinem Paß ging zu Charles (der übrigens auch Autos vermietet) um Fish and Chips zu essen.
Am nächsten Tag Schute ich mir Charlotteville an. Eigentlich ist das ein Dorf. Jeder kennt jeden und es gibt nur ein paar Straßen. Aus jeder Ecke tönt Musik. Ein paar betrunkene Männer, die angeblich von ihren Frauen zu Hause rausgeschmissen wurden, schlafen am Strand. Es gibt viele Fischer mit sehr schön angemalten Booten. Jeder grüßt mich. Ich fühle mich hier sehr gut aufgehoben. Ich sage so etwas wie “good morning” und es gibt (bis jetzt) drei Standardantworten. Entweder “OK”, “yaa, mon”, oder “how are you?”
Ich bin jetzt Mitglied der Charlotteville Public Library, um deren Internet benutzen zu können.
Wir haben mit allen Seglern in der Pirates Bay ein Barbecue organisiert. Lion (ein Typ, der immer auf der Hauptstraße abhängt und den Andi und Kudi schon von vor zehn Jahren kannten) hat uns dazu einen Grillrost besorgt und wir haben einen großen Fisch gekauft. Es war eine sehr schöne Party.
An einem anderen Tag wurde ich von Vater und Tochter auf einem anderen deutschen Boot eingeladen, mit Ihnen eine Inselrundtour zu machen. Sie hatten von Charles ein Auto gemietet. Wir sahen Wasserfälle, sind ein bißchen durch den Regenwald gewandert und zufällig auf eine Geburtstagsparty in King’s Bay gestoßen, wo die Frauen mit den Geschenken auf ihren Köpfen tanzten. Ein DJ spielte dazu Musik aus einer Anlage, die auf einem Pickup Truck aufgebaut war und so laut war, daß man den Generator nicht hören konnte, der alles mit Strom versorgte.
Wir wurden sofort eingeladen, mitzutanzen, den Geburtstagskuchen zu probieren und “something organic to make you relaxed, mon” zu rauchen.
Es ist wirklich sehr schön hier. Leider gibt es in der Bucht viel Schwell, sodaß ich nachts etwas herumgeworfen werde und nicht gut schlafe. Außerdem klappern die Bojen mit einem lauten unangenehmen Geräusch gegen den Rumpf sobald der Wind einschläft. Jeden Morgen wasche ich mich im Meer vom Boot aus. Es gibt Haie, aber die sind ganz klein und tun niemandem etwas.
Der Wetterbericht sagt starken Wind für die nächsten Tage voraus. Danach, gegen Ende der Woche, werde ich wohl nach Grenada weiterfahren.























lieber Kai, die Aufnahmen und Eindrücke von dieser Landschaft haben mich sehr beeindruckt und mir sehr gefallen. So freue ich mit dir, dass du dieses Land gesehen hast und viele schöne Erlebnisse hattest. So wünsche ich dir weiter eine gefahrenlose und interessante Reise und denke an dich mit lieben Grüßen aus Berlin. Deine Muna
Liebe Muna!
Danke Dir. Freut mich, daß Dir die Bilder und Eindrücke gefallen haben. Mir hat es hier auch sehr gut gefallen. Trotzdem freue ich mich, heute weiter zu fahren. Nachher geht’s los nach Grenada.
Liebe Grüße
Kai
Hallo Kai, was soll ich sagen ausser: Großartig das alles! Weiterhin eine solch tolle Zeit! Best, Andreas
Hallo Kai, habe Deinen Blog gerade erst entdeckt! Ich bin schon gespannt, von Deinen Erlebnissen zu lesen und wünsche Dir schon mal weiterhin alles Gute. Viele Grüße auch von Anna und meiner kleinen Tochter (wird übermorgen 1)
Noch was: solltest du in Dominica vorbei kommen, check mal ob du das kleine Fischerdörfchen Calibishie findest. Ich glaube mich zu erinnern, dass es an der Nordspitze Richtung Guadeloupe liegt. Wir waren dort etwas über dem Dorf in einer Hütte neben einem verlassenen Herrenhaus untergebracht. Und darunter neben einem roten Felsen war ein kleiner Strand mit vielen Kokospalmen. Na ja, die gibt’s ja dort überall. Würd mich interessieren wie es da heute aussieht. Ist ja lange her. Und falls du Zeit hast, fahr mall in die Mitte der Insel und lauf zu einem vulkanischen See mit heißem blubberndem Wasser. Den müsste es dort noch geben. Der Ausflug lohnt sich. Best, A.